Einführung einer Softwarelösung für Personalentwicklung: Interview mit Holger Antz von perview

Die in Hamburg ansässige perview systems gmbh entwickelt HR-Software-Lösungen für die Personalverwaltung, die Personalgewinnung und die Personalentwicklung. Mit Holger Antz, einem von drei Geschäftsführern des Unternehmens, unterhielt sich HRNeeds über den Bereich Personalentwicklung. Wobei schnell klar wurde, dass Module aus diesem Bereich mit einer digitalisierten Personalverwaltung Hand in Hand gehen sollten.

Herr Antz, das Thema „Digitalisierung der Personalentwicklung“ ist sehr komplex – perview bietet allein in dem Bereich neun Module an, die sich vom Talentmanagement, Lernmanagementsystemen, E-Learning und Mitarbeitergesprächen über Skill Management und Kompetenzprofile bis hin zu Zielvereinbarungen und einem Performancemanagement, 360-Grad-Feedbacks und die Potenzialbeurteilung strecken. Bevor sich Unternehmen nun an die Einführung derartiger Module machen, ist es nicht sinnvoll zu Beginn die Personalverwaltung zu digitalisieren, um die Module später voll ausnutzen zu können?

Holger Antz: Im Grunde arbeitet perview genauso. perview hat ein sogenanntes Core System. Darin ist zum Beispiel eben diese Personalverwaltung enthalten, damit grundsätzlich erst einmal sämtliche Daten der Mitarbeiter digital zur Verfügung stehen hat. Die Tiefe der erfassten Daten kann der Kunde selber variieren. Dabei kommt es darauf an, was das jeweilige Unternehmen mit den Daten tun möchte. Die Spannbreite kann dann von so vielen Informationen wie möglich bis ganz wenige Daten reichen. Aber dieses HR Core System beinhaltet in jedem Fall diese Personendatenbank, die an die jeweiligen Kundenbedarfe angepasst werden kann.

In einem solchen System sind aber nicht nur Mitarbeiterdaten hinterlegt, sondern auch Rollen und Prozesse, also Informationen, die für den Bereich Personalentwicklung wichtig sind.

Holger Antz: Genau, das HR Core System beinhaltet viel mehr. Es hat zum Beispiel ein sehr umfangreiches Rollen- und Rechtesystem, über das die gesamte Hierarchie eines Unternehmens, die Organisationsstruktur, abgebildet werden kann – von ganz einfachen Strukturen bis hin zu Matrix-Organisationen. Außerdem gehört zum Core System ein Analytics System, um Auswertungen machen zu können. Beispielweise Statistiken darüber, wie viele Mitarbeitergespräche stattgefunden haben, wie es um die Zufriedenheit der Mitarbeitenden steht oder wie viele an Fort- oder Weiterbildungen teilgenommen haben. Etwa zum Thema Datenschutz, der ja auch von und in den Unternehmen verwaltet werden muss.

Will ein Unternehmen perview-Module aus dem Bereich der Personalentwicklung implementieren und diese an eine digitalisierte Personalverwaltung andocken, braucht es dann zwingend Ihr Core System, oder können die Module auch mit Lösungen anderer Software-Hersteller verbunden werden – womöglich gibt es im Unternehmen ja schon eine digitalisierte Personalverwaltung?

Holger Antz: perview ist ein System, das ganzheitlich arbeiten kann. Muss es aber nicht. Es ist also ein sogenannter Best-of-Breed möglich: Ich kann Module der Personalentwicklung mit Systemen anderer Hersteller kombinieren.

Haben Sie ein Beispiel?

Holger Antz: Nehmen Sie ein kleineres Unternehmen, das für die Personalabrechnung, also die Gehalts- und Lohnabrechnung, DATEV nutzt; zudem hat es noch ein kleines Zeitmanagementsystem im Einsatz: Beides kann ohne Weiteres mit perview verbunden kann. Das gleiche könnte ich aber auch mit einem großen Abrechnungssystem wie SAP machen. perwiew kann also relativ problemlos mit anderen Gehaltsabrechnungs- und Zeitwirtschaftssystemen kombiniert werden – ganz wie es der Kunde wünscht. Es gibt Schnittstellen, die die Verbindung zu den jeweils anderen Systemen herstellen.

Sie sehen es somit als sinnvoll an, im Vorfeld der Implementierung von Personalentwicklungsmodulen die Personalverwaltung zu digitalisieren?

Holger Antz:  Ja. Für die Personalentwicklung, seien es nun Mitarbeitergespräche oder Zielvereinbarungen, sind Rollen- und Rechtefestlegungen Voraussetzung. Wenn Sie beim Beispiel Mitarbeitergespräche bleiben, dann werden mit den Führungskräften unter Umständen andere Mitarbeitergespräche geführt als mit den Vertriebsmitarbeitern.

Entschließt sich ein Unternehmen nun, die Personalentwicklung oder Teile daraus zu digitalisieren, welche Voraussetzungen – abgesehen von der bereits besprochenen digitalisierten Personalverwaltung – sollten erfüllt sein?

Holger Antz: Das ist jetzt nicht arrogant, sondern tatsächlich sehr ernst gemeint: Ich sollte als Kunde genau wissen, was ich möchte. Die Unternehmen sollten sich selbst einen Anforderungskatalog erstellen, um eine klare Vorstellung darüber zu bekommen, was zum Beispiel unter Talentmanagement verstanden wird. Die meisten Unternehmen verstehen darunter die Lernentwicklung von Menschen, das gezielte Lernen: Einiges muss zum Beispiel gelernt werden, weil es zum Job gehört – wenn jemand Schweißer ist, dann muss die Person ihren Schweißerschein immer wieder erneuern. Also: Der Kunde sollte einen Anforderungskatalog haben und darin auch festhalten, in welcher Reihenfolge er seine Personaldaten digitalisieren will. Beispiel Digitale Personalakte: Das Unternehmen sollte wissen, welche Akten es hat und wie umfangreich sie sind. Außerdem: Wie will ich an die Digitalisierung herangehen? Und wenn das Unternehmen dann als zweiten Schritt die Mitarbeitergespräche digitalisieren will, dann ist das mit Sicherheit ein anderer Personenkreis. Somit gilt auch dann, die Anforderungen festzuhalten: Was ist mir besonders wichtig? Sinnvoll ist darüber hinaus noch eine Zeitangabe, in der das Implementierungsprojekt umgesetzt werden soll sowie die zur Verfügung stehenden Kapazitäten. Mehr müssen unsere Kunden nicht machen, das wäre eine sehr gute Vorbereitung?

Sie beraten aber diesbezüglich?

Holger Antz: Wir nehmen unsere Kunden anschließend „an die Hand“ und führen ein Projekt mit ihm durch, bei dem wir ihn auch fragen: Bist du vorbereitet, hast du diesbezüglich schon etwas gemacht oder wünscht du dir, dass wir das Projekt gemeinsam in die Hand nehmen?

Ich möchte noch einmal auf die Diversität in den Unternehmensstrukturen eingehen. Einerseits geht es im Rahmen von Digitalisierungsprojekten darum, die Arbeit und die Prozesse des jeweiligen Unternehmens zu automatisieren und Standards zu setzen, um so zu einer Erleichterung und Transparenz zu kommen. Andererseits hat jedes Unternehmen seine ganz eigenen Strukturen und Prozesse. Die Software muss damit äußert variabel konfigurierbar sein.

Holger Antz: Es ist ein ganz wesentlicher Vorteil von perview, dass die Software in sich völlig frei definierbar ist. Jedes Unternehmen hat ein Stück weit eine andere Organisation. perview passt sich wie ein Chamäleon genau an diese Organisationsstruktur des jeweiligen Kunden an. Genauso ist es bei den Mitarbeitergesprächen: Die Mitarbeitergespräche sehen inhaltlich bei jedem Kunden anders aus – der eine macht innerhalb des Mitarbeitergesprächs am Ende vielleicht noch eine Potenzialbeurteilung, der andere will, dass die Wünsche zum Lernen in diesem Mitarbeitergespräch geäußert werden; und wiederum ein anderer sagt: Bei mir soll es aber Zielvereinbarungen geben. Diese freie Definierbarkeit ist einer der großen Gewinnpunkte von perview. Und das in allen Personalbereichen. Im Ergebnis wird immer das Gespräch stattfinden, das der Kunde haben will. Weil es sich die einzelnen Inhaltsbausteine zusammenstellen kann. Genauso ist es im Lernmanagement. Natürlich sieht die Lernwelt eines Kunden im Krankenhaus inhaltlich ganz anders aus als bei einem Unternehmen, das im Bereich Automotive Autoersatzteile produziert. Die freie Definierbarkeit gibt jeden Kunden die Freiheit, genau seine Welt intern abzubilden. Das ist definitiv etwas, was nicht alle Produkte können.

Mit welchen Implementierungszeiten muss ein Unternehmen rechnen?

Holger Antz: Das ist schwierig zu beantworten, da dies von vielen Faktoren abhängt. Ich versuche es aber trotzdem : Wenn ein Kunde eine Digitale Personalakte oder ein Lernmanagement einführen will und sich im Klaren ist, was er machen will, dann lässt sich so ein Projekt bei einem kleineren Unternehmen innerhalb von drei Monaten umsetzen. Bei einem Unternehmen mit zweieinhalbtausend Mitarbeitern vielleicht in drei bis fünf Monaten. Die längere Projektlaufzeit für die Implementierung in größeren Unternehmen lässt sich vor allem damit begründen, dass viele Stakeholder mit einbezogen werden müssen und dass deswegen der Kunde in der Regel längere Zeit braucht. Kleinere Kunden sind da schneller unterwegs. Wir müssen unser Timing zudem immer darauf einstellen, welche Kapazitäten der Kunde hat und wie viele Module er letztendlich bei uns geordert hat.

Hat der Kunde mehrere Module geändert: Werden die nacheinander oder parallel implementiert und eingeführt?

Holger Antz: Auch das hängt von den Kapazitäten des Kunden ab. Wenn ein größeres Unternehmen das Recruiting, Lernmanagement und die Personalverwaltung digitalisieren möchte, dann sind das drei Projekte, die alle parallel laufen können. Und zwar deshalb, weil die Umsetzung bei drei verschiedenen Abteilungen liegt. Somit gilt: Ich kann das parallel machen, wenn ich die Ressourcen habe. Bei kleinen Unternehmen muss man die Implementierung vielleicht nacheinander machen, weil dort eventuell nur zwei bis drei Leute für den gesamten HR-Bereich zuständig sind.

Jetzt fiel schon einige Male der Begriff „Projekt“. Ist die Implementierung von HR-Software also ein Projekt, das nach einer klaren Struktur abläuft?

Holger Antz: Genau, da gibt es eine ganz klare Abfolge. Noch vor der eigentlichen Auftragserteilung gibt es ein sogenanntes Kick off Meeting, in dem unser Vertriebsmitarbeiter mit dem Kunden und unserem internen zukünftigen Projektteam eine Übergabe macht: Das sind die Punkte, die wir im Vertriebsprozess und vertraglich miteinander vereinbart haben. Außerdem lernen sich dabei das Projektteam und der Kunde gegenseitig kennen, wissen damit, wer für was Ansprechpartner ist. Wenn die Verträge geschlossen sind, kommt es zum „echten“ Kick off: Dann spricht unser Projektteam mit dem Kunden und interviewet ihn dahingehend, wie gut er vorbereitet ist: Okay, das und das hast du schon gemacht, dies und jenes solltest du noch machen, damit wir in der Vorbereitung richtig arbeiten. Der Kunde bekommt von uns damit direkt Aufgaben. Und so schreitet das Projekt dann Stück für Stück fort – mit wöchentlich oder 14-tägig stattfindenden Meetings. Je nachdem, wie komplex ein solches Projekt ist. Schließlich endet es „Co Live-Termin“ und auch mit einer richtigen Abnahme. Hier weisen wir nach, dass das Produkt tatsächlich all das tut, was der Kunde haben will. Und wenn der Kunde einen Anforderungskatalog hatte, dann gehen wir diesen von A bis Z durch und zeigen, dass alles entsprechend funktioniert.

Wie wichtig ist dabei die Mitnahme sämtlicher Stakeholder?

Holger Antz: Das ist ein ganz wichtiger Punkt. Wir haben zum Beispiel Teams, die kümmern sich ausschließlich um Customer Success. Diese Teams sprechen ebenfalls mit den Kunden, sie fragen nach und intervenieren regelrecht: In welcher Reihenfolge ist es sinnvoll, bei euch das Projekt einzuführen? Wann müssen wir mit Informationen an die Geschäftsführung gehen, wann an die Abteilungsleiter? Unter Umständen beraten wir auch hinsichtlich der optimalen Reihenfolge, denn den Zeitpunkten kommt eine entscheidende Bedeutung zu. Damit die Beteiligten wissen, wann etwas startet, darauf vorbereitet sind, was auf sie zukommt – dass die neuen Systemen erklärt und präsentiert werden. Nur wenn die Mitnahme zu den richtigen Zeiten und mit den entsprechenden Informationen stattfindet, kommt es zu einer hohen Akzeptanz.

Was machen Sie, wenn beim Kunden Erfahrungswerte hinsichtlich derartiger Projekte fehlen?

Holger Antz: Wenn wir feststellen, dass bei einem Kunden beispielsweise jemand aus dem Bereich Personal auserkoren wurde, die Verantwortung für das Projekt zu übernehmen, die oder der das zum ersten Mal macht, dann begleiten wir diese Person intensiver. Wenn wir wiederum feststellen, dass diese Person überfordert ist, legen wir dem Kunden nahe, entweder von uns etwas mehr Kapazität einzuholen oder einen externen Projektmanager zu finden, der dort Hilfestellung gibt. Wenn Sie jetzt zum Beispiel fünf oder sechs Module einführen und Sie machen das zum ersten Mal, dann kann man sich intern daran wirklich verheben. Der Kunde sollte immer schauen, wenn er sich Mitarbeiter im Unternehmen aussucht, ob es gut ist, einen einzigen Menschen zu nehmen oder vielleicht mehrere. Und er sollte feststellen: Hat dieser Mensch die dafür notwendige Qualifikation und Erfahrung? Wenn sie SAP einführen, heißt es ja auch nicht: Ja, das mache ich mal eben. Da ist es ganz selbstverständlich, dass man Berater dazu holt. Also: Man muss keine Berater dazu holen, sollte die eigenen Mitarbeiter aber auch nicht überfordern.

Wie ich gesehen habe, nutzt die Mehrzahl Ihrer Kunden die Cloud-Variante bei den gewählten Software-Tools.

Holger Antz: Ja, über 90 % der Kunden laufen in einer Cloud Plattform. Kunden können bei uns im Rechenzentrum auch einen exklusiven Server haben, einen sogenannten hosted Service. Und die dritte Variante ist das Laufen der Software auf den unternehmenseigenen Rechnern.

Wie oft finden dann Updates statt?

Holger Antz: Lösungen, die auf den Servern der Kunden laufen, also On-Premises, installieren wir zweimal im Jahr Updates. Ebenso bei der Cloud-Variante. Allerdings patchen wir in der Cloud hin und wieder dazwischen auch schon einmal kleine Annehmlichkeiten, die von uns entwickelt wurden.

Und wie betreuen Sie Ihre Kunden nach dem Go Live-Termin und der Abnahme?

Holger Antz: Hier bieten wir einen kontinuierlichen Service, wobei der Kunde den Betreuungsaufwand wählen kann. Wir bieten natürlich ein Ticketsystem an, aber auch nach Zeit gestaffelte Serviceleistungen.

Herr Antz, vielen Dank für das Gespräch!

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